Gewaltfreie Kommunikation: Empathie statt Kritik
Gewaltfreie Kommunikation – das klingt nach einem perfekten, theoretischen Idealzustand, den es im praktischen Lebensalltag vieler Menschen wohl nicht gibt. Doch das Konzept von Dr. Marshall Rosenberg hat sich im Alltag tatsächlich vielfach bewährt. Mit Gewaltfreier Kommunikation können nicht nur Konflikte im Kleinen und Privaten effektiv und nachhaltig gelöst werden, etwa in der Partnerschaft oder der Erziehung von Kindern, sondern auch Konflikte auf großer politischer Bühne und der Betriebswelt. Was Gewaltfreie Kommunikation genau ist, welche Effekte sie erzielen kann und nach welchen Prinzipien sie funktioniert, erfährst Du anhand von Beispielen im folgenden Beitrag.
Was ist „Gewaltfreie Kommunikation“ nach Dr. Marshall Rosenberg?
„Gewaltfreie Kommunikation“ (GKF) ist eine bewährte Kommunikations- und Konfliktlösungsstrategie, die vom US-amerikanischen Psychologen Marshall B. Rosenberg entwickelt wurde und einen wertschätzenden zwischenmenschlichen Umgang zum Ziel hat. „Gewaltfrei“ bedeutet dabei, dass es im verbalen Austausch zu keiner Form von Verletzung oder Abwertung des Gegenübers kommen soll, wodurch sich die Kooperationsbereitschaft der Gesprächspartner erhöht und somit die Chancen erhöht werden, effektive und nachhaltige Problemlösungen zu entwickeln. Da sie den Gegenentwurf zu einer lebensentfremdende Kommunikation darstellt, wird sie auch als Sprache des Lebens bezeichnet.
Begriff „gewaltfrei“ wurde von Mahatma Ghandi übernommen
Den Begriff „gewaltfrei“ hat man von Mahatma Ghandi übernommen, der für gewaltfreie Handlungen den Sankrit-Begriff „Ahimsa“ verwendete. Ahimsa steht für eine Lebenseinstellung, die zum Ziel hat, anderen grundsätzlich keinen Schaden und keine Verletzungen zuzufügen. Damit ist jedoch nicht gemeint, Konflikte zu verdrängen oder ihnen auszuweichen. Vielmehr geht es darum, diese bewusst und aktiv anzugehen sowie befriedigende Lösungen zu finden, die für beide Seiten akzeptabel sind.
Gewaltfreie Kommunikation: zielt auf einen besseren Umgang miteinander ab
Die Gewaltfreie Kommunikation ist eine Methode, um das zwischenmenschliche Miteinander zu verbessern. Kommunikation kann laut Rosenberg nur dann dauerhaft gelingen, wenn die Gesprächspartner in der Lage sind, sich in ihr Gegenüber einzufühlen (Empathie), sich als gleichwertig zu erachten und sich jederzeit mit Wertschätzung zu begegnen. Rosenberg sprach in dem Zusammenhang auch von der „Sprache des Herzens“ oder der „Giraffensprache“, weil die Giraffe durch ihren langen Hals über Weitblick verfügt und zugleich das größte Herz unter den an Land lebenden Tieren hat.
Ziele der Gewaltfreien Kommunikation
Die Gewaltfreie Kommunikation verfolgt als Kommunikationsstrategie das große Ziel des friedlichen Austauschs auf verbaler Ebene zwischen mindestens zwei Gesprächspartnern. Sie verfolgt im Detail folgende Ziele:
- die Gleichwertigkeit der Gesprächspartner und die Berücksichtigung der verschiedenen Bedürfnisse
- das respektvolle Kommunizieren auf Augenhöhe
- die Auflösung/ Reduktion alter Muster von Verteidigung, Rückzug und Angriff (z. B. aggressive Reaktionen)
- die Förderung von Wertschätzung und Aufmerksamkeit für den Gesprächspartner
- Förderung des Einfühlungsvermögens und der Wahrnehmung der Bedürfnisse des Gegenübers
- konstruktive, faire und langfristige Klärung von Konflikten
- faktenorientiertes, leidenschaftliches und faires Streiten
- Entwicklung von Problemlösungen, die für alle gewinnbringend ist („win-win-Situation“)
- Ausdruck der eigenen Bedürfnisse, ohne das Gegenüber anzugreifen
- das Formulieren von Bitten, ohne Drohung, Manipulation oder Erpressung
- die Gestaltung erfüllender Beziehungen und ein verbesserter Umgang mit Ärger in Beziehungen
- Erwerb der Fähigkeit, Vorwürfe und Kritik nicht so persönlich zu nehmen
- Erlernen eines souveräneren und ruhigeren Auftretens
- mit sich selbst Frieden zu schließen
>h2>Aggressive Kommunikation versus Gewaltfreie Kommunikation
Aggressive Sprache ist für uns alltäglich
Rosenberg hat der aggressiven Sprache in unserem Alltag den Namen „Wolfssprache“ gegeben. Diese Form der Kommunikation – in der oft Du-Botschaften gesendet werden – führt dazu, dass der andere Gesprächspartner sich schlecht fühlt, in irgendeiner Form herabgesetzt und somit nicht als gleichwertig behandelt wird. Aufgrund dieses Mangels an Respekt an seiner Person nimmt dieser folglich eine abwehrende Haltung ein und schaltet in den Angriffsmodus um. So nimmt die Kommunikation im weiteren Verlauf einen aggressiven Charakter an, was für beide Seiten unbefriedigend und wenig effektiv ist. Beispiele für diesen Kommunikationsstil sind:
- „Das habe ich dir doch schon hundert mal gesagt.“
- „Du bist daran schuld, dass…“
- „Du hast schon wieder nicht…“
- „Immer bist du…“
- „So ist es falsch. Das macht man so.“
- „Wenn du das beachtet hättest…“
Aggressiver Sprachstil minimiert die Kooperationsbereitschaft
Diese uns sehr vertraute Form der Kommunikation – die oft auf Schuldzuweisung oder Abwertung des anderen abzielt – ist wenig effektiv und bringt das Gegenüber in eine Anti-Haltung, weil man an ihn die Botschaft sendet: Du bist in deiner Person nicht ok oder akzeptiert. Durch Verwendung dieser uns so vertrauten „Wolfssprache“ wird der Gesprächspartner quasi automatisch in die Rolle des sich-Rechtfertigen-Müssens gedrängt. Doch das sich anschließende Wortgefecht ist meist unproduktiv und verschlechtert die Beziehung zwischen den Gesprächspartnern. Auch nimmt die Bereitschaft ab, auf das Anliegen des anderen einzugehen. Den Gesprächspartner können wir verbal mit verschiedenen Mitteln angreifen, etwa durch:
- Analyse wie „Wenn du das beachtet hättest …“
- Kritik wie „So ist das falsch, das macht man so …“
- Interpretation „Du machst das, weil. …“
- Wertung wie „Du bist klug, faul, du liegst richtig, falsch …“
- Strafandrohung wie „Wenn du nicht sofort, dann …“
Gewaltfreie Kommunikation kommt ohne Angriff auf die Person aus
Bei der Gewaltfreien Kommunikation versucht man hingegen bewusst alles zu vermeiden, was den Gesprächspartner verletzen, beleidigen und herabsetzen könnte. Zudem konzentriert man sich auf die Gefühle und Bedürfnisse, die hinter einer aggressiven Äußerung verborgen liegen und versucht, diesen mit passenden Handlungsoptionen nachzukommen. Denn die Grundannahme in der Gewaltfreien Kommunikation ist, dass jeder Mensch Bedürfnisse hat, die auch wahrgenommen und erfüllt werden wollen. Auch geht sie davon aus, dass jede Wahrnehmung wahr ist und auch als solche behandelt werden sollte.
Mit Gewaltfreier Kommunikation aggressive sprachliche und gedankliche Konzepte überwinden
Indem wir, während wir aufwachsen, die Erfahrung machen, dass es in unserem Umfeld oft rau und abweisend zugeht, entwickelt sich auch unsere Sprache dementsprechend. In unserem oft aggressiven Kommunikationsstil kommt diese „feindliche“ Haltung zum Ausdruck. Mit der Gewaltfreien Kommunikation sind wir in der Lage, dieses erworbene Gedanken- und Sprachmuster abzulegen und durch ein neues zu ersetzen.
So wird beispielsweise aus „Ich muss arbeiten“ ein „Ich entscheide mich zu arbeiten, weil ich gern etwas zum Wohle meiner Familie beitrage“. Diese positiv formulierte Aussage ergibt eine völlig andere Wirkung als die vorherige. Dieser positive Effekt ergibt sich grundsätzlich dort, wo „Ich muss…“ durch „Ich will…“ ersetzt wird.
In der Gewaltfreien Kommunikation bleibt man bei sich durch den Einsatz von Ich-Botschaften
Statt der weit verbreiteten Du-Botschaften wie beispielsweise „Du bist wie eine Klette“ werden in der Gewaltfreien Kommunikation eher die dahinterstehenden Bedürfnisse kommuniziert. In dem Falle wäre die gewaltfreie Variante „Ich brauche mehr Freiraum“. Damit bleibt der direkte Angriff auf die andere Person aus. Ein Beispiel für aggressive Kommunikation in der Berufswelt ist, wenn der Chef zu seiner Mitarbeiterin sagt: „Das Protokoll ist unvollständig“(Angriff). In der Gewaltfreien Kommunikation würde der Chef es beispielsweise so ausdrücken: „Ich kann im Protokoll den Beschluss über die Präsenzzeiten am Telefon nicht finden…“ Damit greift er die Mitarbeiterin und deren Leistung nicht an oder wertet sie ab, sondern bleibt bei sich und seiner Beobachtung.
Marshall Rosenberg: Begründer der Gewaltfreien Kommunikation
Die Gewaltfreie Kommunikation ist ein Handlungskonzept, das vom US-amerikanischen Psychologen Dr. Marshall Rosenberg (1934 – 2005) entwickelt wurde. Es beruht auf seiner 40-jährigen Forschungsarbeit. Als international anerkannter Mediator erzielte Rosenberg mit seiner Methode große Erfolge im Konfliktmanagement – und das weltweit. So arbeitete er nach seiner Methode etwa in den Konflikten in Ruanda, Palästina, Afghanistan und auf dem Balkan. Sein Konzept der Gewaltfreien Kommunikation ist neben der friedlichen Beilegung von Konflikten auf politischer Ebene aber auch einsetzbar bei Konflikten in:
- der Schule (zwischen Kindern, Lehrer-Kind, Eltern-Lehrer)
- der Familie
- der Paarbeziehung
- Kliniken (Personal-Patient)
- Organisationen
- Unternehmen (z. B. im Management, bei Problemen zwischen Mitarbeitern oder zwischen Chef und Mitarbeiter)
Rosenberg: weltweit auf Mission für sein Konzept der Gewaltfreien Kommunikation
Rosenberg hat in klinischer Psychologie promoviert. Er entwickelte das Konzept der Gewaltfreien Kommunikation, als er sich mit der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung in den frühen 1960er Jahren beschäftigte. Er setzte es dazu ein, die Rassentrennung an Schulen und anderen Institutionen auf friedliche Weise aufzuheben. In der Folgezeit fand er immer mehr Unterstützer, die ihn und seinen innovativen Ansatz förderten. Daher gründete er 1984 in den USA die Organisation „Zentrum für Gewaltfreie Kommunikation“, um seine Methode bekannter zu machen.
Rosenberg widmete sich Zeit seines Lebens dem Coaching in Gewaltfreier Kommunikation. Um seinen Ansatz zu verbreiten, bot er zahlreiche Kurse in diversen Ländern Europas sowie den USA und in vielen anderen Ländern der Welt an.
Die 4 Schritte der Gewaltfreien Kommunikation
Das Konzept der Gewaltfreien Kommunikation basiert auf 4 Schritten, mit der eine Person einen verbalen Angriff durch eine andere Person in einer Konfliktsituation entschärfen kann. Dies sind:
- Beobachtung des anderen ohne Bewertung: Was nimmst Du wahr und siehst. hörst, empfindest Du?
- Gefühl: Wie geht es Dir mit dem, was Du hörst, siehst, wahrnimmst?
- Bedürfnis: Welches Bedürfnis kommt zu kurz und was kann getan werden, um es zu erfüllen?
- Bitte auf Grundlage des Bedürfnisses formulieren, um es zu erfüllen und Konflikt zu lösen
Dieses 4-Schritte-Modell dient dazu, eine konfliktgeladene Situation zu beobachten und sachlich und empathisch zu beschreiben. Es geht darum, die eigene Sichtweise und die des Gegenübers wahrzunehmen, als gleichwertig zu akzeptieren und die Gefühle/Bedürfnisse dahinter zu kommunizieren und sie bei der Problemlösung mit zu berücksichtigen. Darin liegt das Wesen der Gewaltfreien Kommunikation.
Schritt 1 der Gewaltfreien Kommunikation: die Beobachtung
Der erste Schritt in der Gewaltfreien Kommunikation ist, den Gesprächspartner genau zu beobachten und ohne Wertung wahrzunehmen – also zu hören, zu sehen, zu empfinden – was dieser in einer konkreten Situation gesagt hat. Dieser Vorgang ist völlig neutral und basiert auf Fakten – ohne eine Wertung, Analyse oder Interpretation vorzunehmen.
Also statt dass ein Chef zu seiner Mitarbeiterin sagt: „Sie haben mir die Vertriebszahlen nicht geschickt“ (aggressiv-beschuldigender Sprachstil), sollte er nach der Gewaltfreien Kommunikation besser: „Ich konnte die Vertriebszahlen nicht in meinem Email Postkasten finden“ sagen. Denn diese Aussage stellt eine sachlich-neutrale Beobachtung einer Situation dar, ohne das Gegenüber anzugreifen und zu verletzen.
Schritt 2 der Gewaltfreien Kommunikation: das Gefühl
Die aufmerksame und empathische Beobachtung einer konfliktgeladenen Gesprächssituation führt unmittelbar zu den Gefühlen der Beteiligten. Es gilt herauszufinden und verbal zu äußern, wie sich der Angreifende und der Angegriffene mit dem Gesagten fühlen.
Gewaltfreie Kommunikation: Statt Pseudogefühlen echte Gefühle mitteilen
Sehr oft verwenden wir in unserer Kommunikation Gefühlsaussagen, die gar keine Gefühle sind, sondern den sogenannten Pseudogefühlen zugeordnet werden. Darunter versteht man wertende Gedanken, die eher als Vorwurf oder Schuldzuweisung, etc. aufgefasst werden denn als echte Gefühle. Dazu zählen beispielsweise Aussagen wie:
- „Ich fühle mich angegriffen“
- „Ich fühle mich über den Tisch gezogen“
- „Ich fühle mich nicht verstanden“
- „Ich fühle mich ausgenutzt“
- „Ich fühle mich übergangen“
Demgegenüber stehen die echten Gefühle, denen in der Gewaltfreien Kommunikation der Vorzug gegeben wird. Das sind etwa Aussagen wie:
- „Ich fühle mich traurig“
- „Ich bin mich verärgert“
- „Ich bin wütend“
- „Ich fühle mich ängstlich“
- „Ich bin verwirrt/irritiert“
- „Ich bin enttäuscht“
- „Ich fühle mich hilflos“
- „Ich fühle mich unsicher“
- Ich fühle mich gekränkt/ verletzt
Ein Beispiel für gelungene Gewaltfreie Kommunikation ist, wenn man statt „Ich fühle mich übergangen“ sagt „Ich möchte gern einbezogen werden in Themen, die in meinem Bereich liegen.“ Damit greift man niemanden direkt an, steht aber gleichzeitig für seine Gefühle und Belange ein. Wer seine wahren Gefühle und Bedürfnisse offenlegt, erhöht die Bereitschaft des Gegenübers zur Kooperation.
Schritt 3 der Gewaltfreien Kommunikation: das Bedürfnis
Das Feststellen der Gefühle führt die Gesprächspartner zum nächsten Schritt in der Gewaltfreien Kommunikation: den verborgenen Bedürfnissen dahinter. Hat man das entsprechende Gefühl bei dem Gesprächspartner ausfindig gemacht, führt das laut Rosenberg ganz schnell zum sehr oft unbewussten, nicht artikulierten menschlichen Bedürfnis, das hinter dem Gefühl steht. Denn hinter der Wut oder dem Ärger verbergen sich in der Regel unerfüllte Bedürfnisse. Zu diesen neun Grundbedürfnissen, die jeder Mensch von Natur aus hat, zählt der chilenische Ökonom Prof. Manfred Max-Neef folgende (In Klammern: die Variationen der Grundbedürfnisse) :
- Selbsterhalt (Schutz, Sicherheit, Verlässlichkeit)
- Liebe (Zuwendung, Nähe, Kontakt, Vertrauen, Wertschätzung)
- Verständnis (Empathie, Rücksichtnahme)
- Aufrichtigkeit (Offenheit, Authentizität)
- Zugehörigkeit (Beteiligung, Miteinander)
- Kreativität (Spiel, Ruhe, Muße)
- Freiheit (Selbstbestimmung, Mitbestimmung)
- Feiern (Anteilnahme, Trauern)
- Sinnhaftigkeit (Identität, Selbstverwirklichung)
Zu den Grundbedürfnissen zählen noch weitere wie Sexualität, Essen und Trinken. Diese werden unter den übergeordneten Kategorien zusammengefasst. All diese Bedürfnisse hat jeder Mensch, allerdings hat sie nicht jeder zur gleichen Zeit, weshalb es in der Praxis sehr oft zu Konflikten kommt. Viele Menschen erkennen ihr jeweiliges Bedürfnis gar nicht und müssen erst einmal lernen, dieses zu erkennen und zu benennen.
Schritt 4 der Gewaltfreien Kommunikation: die Bitte
Die Bitte ist der vierte Schritt in der Gewaltfreien Kommunikation. Damit meint man jedoch nicht eine konkrete Forderung, die mit „bitte“ verschleiert wird, wie: „Bringst du bitte den Müll hinaus?“, sondern die einfühlsame Formulierung eines Anliegens wie „Ist es für dich ok, den Müll hinauszubringen?“. Indem eine Bitte gewaltfrei kommuniziert wird, berücksichtigt man die Bedürfnisse des anderen, wodurch der Respekt und die Wertschätzung für den Gesprächspartner zum Ausdruck gebracht werden.
Bitte kreiert empathische Verbindung zum Gegenüber
Mit diesen sogenannten Beziehungs- oder Kontaktbitten wird eine empathische Verbindung zum Gesprächspartner hergestellt und aufrechterhalten. Ein weiteres Beispiel für eine solche Bitte ist der 4. Schritt in folgender Situation:
- Beobachtung: „Du stehst auf und schaust aus dem Fenster, wenn ich mit dir über das Thema „Schule“ sprechen will.“
- Gefühl: „Ich fühle mich besorgt und auch etwas ratlos, …“
- Bedürfnis: „… weil ich wissen möchte, wie es dir in der Schule geht und auf welche Weise ich dich unterstützen kann.“
- Bitte: „Bitte sage mir, was du brauchst, um mit mir darüber reden zu können“.
Die Beziehungsbitte ist das Mittel, um die konfliktfreie Lösung und damit die win-win-Situation herzustellen, in der beide Seiten von dem Ergebnis profitieren. Ist das Bedürfnis erst einmal erkannt, stellt die Bitte eine zielgerichtete Strategie dar, um das Bedürfnis zu erfüllen.
Die Rolle der Empathie in der Gewaltfreien Kommunikation
Empathie, also die Fähigkeit, sich in sein Gegenüber einzufühlen und dessen Bedürfnisse erkennen zu können, ist der Schlüssel zur Gewaltfreien Kommunikation. Wenn die Bedürfnisse und Gefühle der am Gespräch beteiligten Menschen durchdrungen, kommuniziert und berücksichtigt werden, nehmen Vertrauen und Kooperationsbereitschaft zu.
Fühlt ein Mensch sich in seinen Bedürfnissen und Anliegen wahrgenommen und berücksichtigt, bekommt das zentrale Nervensystem das Signal von Sicherheit, welches eines der Grundbedürfnisse des Menschen ist. Deshalb ist das empathische Reden und Zuhören in sämtlichen menschlichen Beziehungen so wichtig – egal ob in beruflichen, privaten oder internationalen Beziehungen. Empathie schützt vor Deeskalation.
Empathie äußern wir häufig, aber oft auf die falsche Weise
Doch das Senden von Empathie gelingt uns häufig nicht so gut. Oft versuchen wir unser Mitgefühl zum Ausdruck zu bringen, erreichen aber mit dem, was wir sagen genau das Gegenteil. Ein Beispiel ist folgender Dialog zwischen einer Angestellten und ihrem Lebensgefährten. Sie: „Mein Chef will immer, dass ich abends noch schnell was für ihn erledige.“ Er: „Da musst du dich wehren. Lass dir das nicht gefallen.“ Sie: „Das weiß ich selber.“
Gewaltfreie Kommunikation: „Stille Präsenz“ gilt als gelungene Empathie
Zwar ist in der Gesprächssituation zu erkennen, dass der Partner seiner Freundin beistehen möchte, aber er tut es auf die falsche Art. Mit seiner Aussage erreicht er lediglich, dass die Frau sich abgewertet fühlt, weil ihr das Gefühl vermittelt wird, nicht selbst eine Lösung für das Problem zu finden. Es ging ihr aber gar nicht darum, eine Lösung präsentiert zu bekommen, sondern auf Verständnis für ihren Ärger über ihren Chef zu stoßen. Stattdessen wird sie noch frustrierter, weil sie sich nicht wirklich verstanden fühlt.
Eine bessere Alternative des Partners wäre gewesen, wenn er sich einfach „still präsent“ gezeigt hätte. Dieses Verhalten wird von den meisten Menschen als die angenehmste Form des Beistands empfunden. Wichtig ist auch, dass man bei dem bleibt, der Trost braucht und nicht plötzlich von sich selbst redet. Der Fokus sollte stets im Hier und Jetzt liegen. Es bringt nichts, wenn man das vorhandene negative Gefühl (zum Beispiel das Selbstmitleid) des Betroffenen verstärkt oder Pseudo-Trost spendet wie mit einer Aussage wie „Das wird schon wieder“ oder „Lass den Kopf nicht hängen“.
Empathie sichert das Überleben des Menschen
Empathie spielt sowohl in unserem beruflichen als auch privaten Alltag eine große Rolle. Sie ist Grundvoraussetzung für das Funktionieren von menschlichen Beziehungen, egal ob es eine Beziehung zwischen Freunden, Lebensgefährten, Geschäftspartnern oder innerhalb einer Familie ist. Empathie sichert sogar das Überleben des Menschen. Ohne Einfühlungsvermögen würde eine Mutter nicht ihr Kind versorgen, weil sie gar nicht wüsste, was es dazu braucht. Dieser Prozess, dieses richtige Handeln, erfolgt auch aufgrund der Fähigkeit, sich in andere einfühlen zu können.
Die drei Stufen der Empathie
Die erste Stufe von Empathie ist das intellektuelle Vermuten. Das heißt, man versucht sich vom Kopf her zu überlegen, welche Emotionen das Gegenüber haben könnte.
In Stufe 2 folgt das Mitleid, also die Fähigkeit, die Gefühle des Anderen wahrzunehmen, sie mit den eigenen, ähnlichen Erfahrungen abzugleichen und diese Gefühle selbst zu empfinden.
In der dritten Stufe von Empathie leiten wir aus dem Mitgefühl eine entsprechende Reaktion ab. Wir sehen, dass es nicht um unsere eigenen Gefühle geht, bleiben mit dem anderen dennoch emotional verbunden und auch mit unserer Aufmerksamkeit bei ihm. Solch eine Reaktion könnte sein: „Hört sich an, als wärst du ziemlich schockiert und fragst dich jetzt, wie es weitergeht?“
Empathie ereignet sich zum größten Teil auf nicht-sprachlicher (nonverbaler) Ebene. Die fünf Voraussetzungen für Empathie sind:
- Neugier
- stille Präsenz
- das Trennen von Ich und Du
- Offenheit gegenüber Emotionen
- das Hören von Bedürfnissen hinter dem Gesagten
In der Gewaltfreien Kommunikation stellt Empathie, die Fähigkeit sich wertschätzend gegenüber dem Gesprächspartner auszudrücken und dem anderen empathisch zuzuhören, eine wichtige Grundlage dar. Es ist wichtig, den Gegenüber und seine Bedürfnisse nicht zu übergehen. Besteht diese respektvolle Haltung zwischen den Gesprächspartnern in einem Gespräch, dann hat man die Grundlage für ein harmonisches Miteinander geschaffen.
Jeder Mensch hat seine eigene „Theory of Mind“
Wir alle teilen zwar die gleichen Bedürfnisse, dennoch sieht jeder Mensch die Welt aus seinem eigenen Blickwinkel, der von anderen Menschen abweichen kann. Man spricht davon, dass jeder Mensch seine persönliche „Theory of Mind“ hat. So wird die Fähigkeit bezeichnet, „Annahmen über Bewusstseinsvorgänge in anderen Personen vorzunehmen und diese in der eigenen Person zu erkennen“.
Aus diesem Wissen ergibt sich der Schluss, dass wir nicht automatisch davon ausgehen können, dass ein anderer Mensch in einer bestimmten Situation dasselbe fühlt oder denkt wie wir. Ebenso wenig wissen andere Menschen nicht in jeder Situation, was in uns vorgeht und warum wir auf eine bestimmte Weise handeln. Aufgrund dieses Wissens über die Unterschiede in der Auffassung der Welt ist es sinnvoll, sprachlich herauszufinden und abzugleichen, was der andere in einer Gesprächssituation denkt oder fühlt und was sein Bedürfnis ist. Dies geschieht in der Gewaltfreien Kommunikation, weshalb diese Kommunikationsstrategie das harmonische Miteinander fördert.
Muss der Gesprächspartner auch mit Gewaltfreier Kommunikation vertraut sein, damit die Methode funktioniert?
Experten der Gewaltfreien Kommunikation sehen es nicht als notwendig an, dass beide Gesprächspartner mit diesem Konzept vertraut sein müssen. Vielmehr ist es ausreichend, wenn einer der Gesprächspartner sich damit auskennt. Denn dieser befähigt den anderen im Verlauf des Gesprächs mit seiner Kompetenz dazu, die Prinzipien der Gewaltfreien Kommunikation anzuwenden.
Wo finde ich einen Coach für Gewaltfreie Kommunikation?
Wer gewaltfrei kommunizieren lernen möchte, der kann einen Lehrgang bei einem spezialisierten Coach besuchen. Auf der Homepage des Fachverbands Gewaltfreie Kommunikation e. V. unter https://www.fachverband-gfk.org/mitglieder-und-trainerinnen-suche können Interessierte nach Coaches in ihrer Nähe suchen.
Mit Bachblüten zur Gewaltfreien Kommunikation
Die Gewaltfreie Kommunikation in der Theorie zu verstehen ist das eine. Sie erfolgreich im Alltag zu praktizieren das andere. Mithilfe von Übungen kann man sich eine gewisse kommunikative Kompetenz aneignen, doch in entscheidenden Momenten ist man dennoch oftmals irgendwie blockiert – da wird in einer Konfliktsituation vom Gesprächspartner eine gewisse Emotion getriggert, alte Erinnerungen überschatten das Gespräch, das eigene Selbstbild verhindert die Anwendung der Prinzipien, oder, oder. Gemäß der Bachblütentherapie ist das Problem solcher Hindernisse einer gelingenden Kommunikation ein Konflikt zwischen Seele und Persönlichkeit. Bachblüten können eine ausgezeichnete Unterstützung sein, um derartige Konflikte zu überwinden. Und die Arbeit mit Bachblüten eröffnet einem ein großes Spektrum der Persönlichkeitsentwicklung, das weit über die Kommunikation hinausgeht.
Der wichtigste Baustein für die Gewaltfreie Kommunikation ist die Empathie. Um sich auf dieser Ebene weiter zu entwickeln, empfiehlt sich z. B. die Bachblüte Beech. Sie wird eingesetzt bei seelischen Disharmonien, die sich darin äußern, dass man wenig Verständnis für andere Ansichten aufbringen kann, immer etwas am anderen zu kritisieren hat und urteilt. Wer ein Problem damit hat, aktiv zuzuhören und sich auf sein Gegenüber einzulassen, nimmt die Bachblüte Heather. Bei einer Neigung, von oben herab zu kommunizieren, ist die Bachblüte Vine angebracht. Wer sich schwer tut, die Sprache des Herzens zu sprechen, weil es verschlossen ist, kann mit der Bachblüte Holly an seiner Liebesfähigkeit arbeiten. Und wer zwar lieben kann, aber seine Liebe mit Forderungen verknüpft, kann die Bachblüte Chicory verwenden. Dem entsprechend wählt man aus den 38 Blüten die Mittel, die die eigenen Themen widerspiegeln.
Wer sich von der Gewaltfreien Kommunikation eine durchsetzungsstarke Kommunikation erhofft, sollte hinterfragen, welche Charakterschwächen ihn daran hindern – unabhängig von irgendwelchen Kommunikationsmodellen. Das betrifft etwa willensschwache Persönlichkeiten, die sich leicht von anderen beherrschen lassen, weil sie jedem gefallen wollen und daher keine eigenen Bedürfnisse und Bitten formulieren und erst recht keine Kritik äußern. Für sie kommt die Bachblüte Centaury in Frage. Menschen, die sich minderwertig fühlen und sich nicht zutrauen, sich durchsetzen zu können, sind mit der Bachblüte Larch gut beraten, um das Vertrauen in die eigene Kommunikationsfähigkeit zu stärken. Und Personen, die sich machtlos fühlen, weil sie der Meinung sind, der andere sei Schuld am Kommunikationsproblem, können die Eigenverantwortung mit der Bachblüte Willow ins Bewusstsein rücken.
Das Bewusstsein ist allgemein essentiell für eine glaubwürdige Gewaltfreie Kommunikation. Daher könnte man auch von einer bewussten Kommunikation sprechen. Dazu gehört unter anderem, wirklich präsent zu sein. Achtsamkeit für den gegenwärtigen Augenblick und eine daraus resultierende realistische Einschätzung des vorliegenden Sachverhaltes kann mit der Bachblüte Clematis gefördert werden. Außerdem ist es wichtig, sich seiner wahren Gefühle bewusst zu werden und sie nicht zu verdrängen. Denn wer sich etwa aus einer Harmoniebedürftigkeit nach außen anders gibt als er sich innerlich fühlt, wird wahrscheinlich friedvoll kommunizieren. Doch wenn er nicht mit seinen eigenen Gefühlen in Verbindung steht, wird er sie nie im Sinne der Gewaltfreien Kommunikation äußern können, sodass sich seine Bedürfnisse im Endeffekt nicht erfüllen können – egal wie gut er die verbindende Kommunikation geübt hat. Diese seelische Disbalance, Emotionen zu unterdrücken und Probleme abzustreiten, ist das Thema der Bachblüte Agrimony.
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