Alles, was Du über Resilienz wissen solltest
Manche Menschen überwinden schwere Lebenskrisen und größere Probleme leichter als andere. Sie verfügen erwiesenermaßen über eine besondere seelische Widerstandsfähigkeit. Diese wird Resilienz genannt. Doch woran liegt es, dass einige Menschen Schicksalsschläge wie eine Behinderung oder den Tod eines geliebten Menschen relativ gut verkraften, während andere daran zerbrechen? Ist es möglich, Resilienz zu lernen und wenn ja, wie schafft man es, sich mental „abzuhärten“ und besser mit den Prüfungen, die das Leben bereithält, zurechtzukommen? Hier erfährst Du, welche Resilienzfaktoren es gibt und wie Du sie fördern und stärken kannst, um resilienter werden.
Definition: Was ist Resilienz?
Resilienz bezeichnet in der Psychologie die Fähigkeit eines Menschen, schwere Lebenskrisen ohne langfristige psychische Beeinträchtigungen zu bewältigen. Typisch für resiliente Menschen ist, dass sie sich schneller von belastenden Lebenssituationen erholen und sogar gestärkt daraus hervorgehen können. Um mit den Widrigkeiten des Lebens gut zurechtzukommen, mobilisieren sie innere Kräfte, greifen sowohl auf bestimmte persönliche Eigenschaften zurück als auch auf spezifische Bewältigungsstrategien.
Resilienz = „Anpassungsfähigkeit“ oder „Widerstandsfähigkeit“
Resilienz wird auch als „Anpassungsfähigkeit“ oder „psychische Widerstandsfähigkeit“ bezeichnet und ist das Gegenteil von Verwundbarkeit (Vulnerabilität). Statt von einer psychischen Robustheit spricht der Gesundheitspsychologe Ralf Schwarzer von einer gewissen psychischen Elastizität resilienter Menschen, also von der Fähigkeit, nach einer bestimmten Zeit, wieder zum mentalen und emotionalen Ausgangszustand zurückkehren zu können. Andere Experten sehen diesen Begriff wiederum kritisch, weil sie der Ansicht sind, dass ein Mensch sich durch ein belastendes Ereignis nachhaltig verändert und eben nicht wieder zu dem Menschen wird, der er vorher war.
Die wörtliche Bedeutung von „Resilienz“
„Resilienz“ leitet sich vom lateinischen Verb „resilire“ ab und kann mit „abprallen“ oder „zurückspringen“ übersetzt werden.
Die Geschichte der Resilienz: Emmy Werner und die hawaiianischen Kinder
Den Begriff „Resilienz“ hat der Psychologe Jack Block in den 1950er Jahren geprägt, jedoch wird er meist mit der US-amerikanischen Entwicklungspsychologin Emmy Werner und ihrer Kollegin Ruth Smith in Verbindung gebracht, die in den 1970er Jahren eine entscheidende Forschung zum Thema Resilienz veröffentlichten.
Viele Kinder entwickelten sich trotz schwerer Kindheit zu unauffälligen Menschen
In ihrer Langzeitstudie beobachtete Werner hawaiianische Kinder, die in schwierigen familiären Verhältnissen aufwuchsen, bis ins Erwachsenenalter. Sie fand heraus, dass etwa ein Drittel aller Kinder, die aus ärmlichen Verhältnissen stammten und vielfach Gewalt erfuhren, sich allen Widrigkeiten zum Trotz sehr gut entwickelten und im Erwachsenenalter weder psychisch krank noch straffällig noch drogenabhängig wurden wie die anderen zwei Drittel. Sie gingen psychisch unbeschadet aus ihrer schweren Kindheit hervor und konnten als Erwachsene etwas aus sich machen.
Persönlichkeitsmerkmale und Einflüsse aus der Umwelt entscheiden über Maß an Resilienz
Offenbar verfügten diese Kinder über spezielle positive Anpassungsmechanismen, die ihnen dabei halfen, ihre schwierige Lebenslage auszuhalten, zu überwinden und sogar gestärkt daraus hervorzugehen. Sie verfügten über Resilienz.
Werner zog aus ihren Beobachtungen auch den Schluss, dass Resilienz mehr als eine statische Charaktereigenschaft ist und sie zum Beispiel erlernbar ist. Es sind nicht nur bestimmte Persönlichkeitsmerkmale, sondern auch Einflüsse aus der Umwelt, zum Beispiel sozial erworbene Kompetenzen, die darüber entscheiden, ob ein Mensch Resilienz entwickelt oder nicht. Resilienz ist offenbar vielmehr ein Produkt des Zusammenspiels vieler Ressourcen (etwa Charaktereigenschaften) und psychischer Prozesse (etwa Haltungen und mentaler Strategien).
Was ist für die Entwicklung von Resilienz notwendig?
Häufige Persönlichkeitsmerkmale resilienter Menschen: persönliche Resilienzfaktoren
Nach Ansicht der Experten auf dem Gebiet der Resilienzforschung gibt es viele Faktoren, die darüber entscheiden, ob ein Mensch Resilienz entwickelt oder nicht. Dies gilt erwiesenermaßen über ethnische Grenzen hinweg, scheint also für alle Menschen zu gelten. Dabei muss ein resilienter Mensch nicht zwingend alle Faktor aufweisen. Es reicht aus, wenn mehrere dieser Faktoren zusammenkommen. Auffällig ist aber, dass resiliente Menschen besonders häufig und in einem besonders hohen Maße über folgende Persönlichkeitsmerkmale verfügen:
- Intelligenz: um die eigene Situation zu erkennen, nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen und sie umzusetzen
- Deutungs- und Sinngebungsmodelle der Realität oder Religiosität (Glaube an eine höhere Macht, die ihnen beisteht und durch den sie Teil eines großen Ganzen sind)
- die Akzeptanz des Unveränderbaren: Leid wird nicht verdrängt, sondern wahrgenommen, ausgelebt, akzeptiert, in die persönliche Lebensgeschichte integriert und überwunden
- die Fähigkeit, Probleme aktiv zu lösen
- Optimismus und Zukunftsorientierung: positive Denkweise
- die Offenheit für Veränderungen (Flexibilität)
- Durchsetzungsvermögen und Konfliktfähigkeit
- Ausdauer und Kraft
- Leistungsmotivation
- Selbstkenntnis: wissen, wo Stärken und Schwächen liegen
- ein positives Selbstbild
- Selbstwirksamkeitserwartung / Selbstbewusstsein: aus der Erfahrung, vergangene Probleme gemeistert zu haben, vertraut man auf die eigenen Fähigkeiten, auch künftige Probleme meistern zu können
- Kontrollüberzeugung/Übernahme von Verantwortung für das eigene Leben: die Überzeugung, Situationen durch das eigene Handeln selbst gestalten und somit positiv beeinflussen zu können
- die Erfahrung von Sinn und Struktur im Leben
- emotionale Ausgeglichenheit: Fähigkeit, seine Gefühle und Handlungen zu kontrollieren
- Frusttoleranz
- Humor
- die Fähigkeit zur aktiven Beziehungsgestaltung und dazu, sich in Notsituationen Hilfe aus dem sozialen Umfeld zu holen
Resilienz ist die Fähigkeit zur Überwindung negativer Gefühle
Resilienz macht sich bei einem Menschen nicht dadurch bemerkbar, dass ihm Krisen nichts anhaben können. Auch „starke“ Menschen werden durch schlimme Ereignisse stark gefordert und verletzt. Der einzige Unterschied besteht darin, dass sie schneller wieder auf die Beine kommen, nicht in der Wut und im Frust „steckenbleiben“, sondern die negativen Gefühle überwinden und loslassen, sodass sie wieder funktionstüchtig und lebensfroh sein können. Lange haben Forscher geglaubt, dass resiliente Menschen gänzlich unverletzlich seien, was sich letztlich aber als Trugschluss herausstellte.
Entwicklung von Resilienz: die Umweltfaktoren
Auch Umwelteinflüssen spielen bei der Ausprägung von Resilienz eine Rolle. So ist es wichtig, dass ein Mensch zumindest eine feste, verlässliche Bezugsperson (Eltern/-teil, Freunde, Bekannte, Nachbarn oder Lehrer) hat, die ihm bei Problemen zur Seite steht. Auch ist es bedeutend, dass einem Menschen möglichst früh ein Verständnis für Ordnung, Struktur und Regeln vermittelt wird und dem Leben ein Sinn vermittelt wird. In der hawaiianischen Studie zeigten sich besonders jene Kinder resilient, die schon früh Verantwortung (wie häusliche Aufgaben oder Geschwisterbetreuung) übernehmen mussten, also scheint auch ein frühzeitig entwickeltes Verantwortungsgefühl Resilienz zu begünstigen.
Ist Resilienz angeboren oder erworben?
Lange Variante eines bestimmten Gens begünstigt Resilienz
Forscher gehen davon aus, dass die Gene eine Rolle bei der Ausprägung von Resilienz spielen. Dabei ist entscheidend, ob ein Mensch über die lange oder kurze Variante des Gens 5HTTLPR verfügt. Dieses Gen regelt beispielsweise den An- und Abtransport des Glückshormons Serotonin im Gehirn und steuert das Enzym, welches das Stresshormon Noradrenalin abbaut. Liegt die lange Genvariante vor– die beim Menschen häufiger vorkommt als die kurze – funktionieren diese Prozesse gut. Folglich reagieren diese Menschen gelassener und ausgeglichener auf schwierige Ereignisse.
Kurze Genvariante reduziert Wahrscheinlichkeit für Resilienz
Bei der kurzen Genvariante wurde hingegen beobachtet, dass der Serotonin-Transport nicht so gut verläuft, wodurch das Glückshormon schlechter wirkt, es bei Problemen dadurch verstärkt zu Trübsinn und Ängstlichkeit kommt. Zudem hat man festgestellt, dass Menschen mit der kurzen Genvariante Enzyme fehlen, um das Noradrenalin und somit den Stress adäquat abzubauen, wodurch sie sich nicht so schnell beruhigen wie Menschen mit der langen Genvariante. Auch fällt die Reaktion auf Stress bei Menschen mit der kurzen Genvariante im Allgemeinen heftiger aus – wie Studien mit bildgebenden Verfahren zeigen konnten.
Somit wurde zwar ein Gen gefunden, das darüber mit entscheidet, ob ein Mensch resilient ist oder nicht. Diverse Studien konnten tatsächlich zeigen, dass Menschen mit der kurzen Genvariante besonders intensiv unter schwierigen Ereignissen wie der Scheidung der Eltern oder der eigenen Arbeitslosigkeit leiden. Dennoch ist dies in den Studien nicht durchgängig der Fall, was dafür spricht, dass die Gene zwar eine Richtung vorgeben, sie aber eben nicht allein darüber entscheiden, ob sich psychische Widerstandsfähigkeit ausbildet. Die Wahrscheinlichkeit für Resilienz ist bei diesen Menschen aber höher.
Resilienz: Die Rolle der Nervenzellen
Forscher haben ebenfalls herausgefunden, dass bei Menschen mit einer hohen Resilienz, neue Nervenzellen besonders gut wachsen und sich miteinander verbinden. Dieser Vorgang wird von Proteinen geregelt, die wiederum von Genen gesteuert werden. Bei weniger resilienten Menschen verläuft dieser Prozess der Neubildung von Nervenzellen und die Verbindung mit anderen nicht so gut.
Welche Ereignisse sind im Erwachsenenalter wie stressig?
Christina Berndt zieht in ihrem Buch „Resilienz – Das Geheimnis der psychischen Widerstandskraft“ eine Studie der amerikanischen Psychiater Thomas Holmes und Richard Rahe heran, in der Menschen dazu befragt werden, als wie stressig sie diverse Ereignisse im Leben ansehen. Die Befragten sollten mehrere belastende Situationen auf einer Skala von 1 (wenig belastend) bis 100 (sehr belastend) bewerten.
Interessant ist, dass in dieser Studie sowohl negative als auch positive Dinge als stressig empfunden wurden. Nach den Psychiatern dieser Studie ist ein Ereignis umso belastender, je mehr Veränderungen es im Leben eines Menschen mit sich bringt. Zu den belastenden Ereignissen (in abnehmender Reihenfolge von sehr stressig bis weniger stressig) zählen unter anderem:
- der Tod des Partners: Stresswert 100
- Scheidung: Stresswert 73
- Trennung vom Partner: Stresswert 65
- Haftstrafe: Stresswert 63
- Tod eines nahen Familienangehörigen: Stresswert 63
- eigene Verletzung oder Erkrankung: Stresswert 53
- Heirat: Stresswert 50
- Verlust des Arbeitsplatzes und dadurch finanzielle Not: Stresswert 47
- Aussöhnung mit dem Partner: Stresswert 45
- Pensionierung: Stresswert 45
- Tod eines nahen Freundes: Stresswert 37
- Wechsel des Berufs: Stresswert 36
- Aufnahme eines hohen Kredits: Stresswert 31
- Umzug oder Schulwechsel: Stresswert 20
In der Liste der beiden amerikanischen Psychiater sind weitere außerordentlich schwere Lebenssituationen wie ein Leben im Krieg, in Armut, in Hungersnot oder mit häuslicher Gewalt und/ oder Missbrauch nicht erfasst. Diese dürften aber bei einer Einordnung in diese Übersicht sehr hohe Stresswerte bekommen.
Schwierige Lebenslagen in unserer westlichen Gesellschaft
Zwar leben viele Menschen in den westlichen Industrienationen ein Leben in Wohlstand, dennoch gibt es für die Wissenschaftsjournalistin Christina Behrendt auch in unserem Leben durchaus schwierige Bedingungen, die Menschen in Krisen stürzen können und die dann von Menschen mit hoher Resilienz besser gemeistert werden als von Menschen mit einer geringeren psychischen Widerstandskraft. Dazu zählen unter anderem:
- Überlastung im Job: hoher Leistungsdruck, hohes Arbeitstempo, hohes Arbeitspensum, ständige Erreichbarkeit, belastendes Arbeitsklima
- hohe Anforderungen in der Partnerschaft
- hohe Anforderungen im täglichen Familienleben
- dauerhaft fehlende Anerkennung und Unzufriedenheit im Job
- das hektische Großstadtleben mit häufiger Reizüberflutung
- zunehmende Ungewissheit, Unsicherheit, Unbeständigkeit in Job und Privatleben
- andauernde Überforderung und Zeitmangel bei gleichzeitig unzureichenden Ruhe- und Regenerationszeiten
Das moderne Großstadtleben hat seinen Preis
Studien haben ergeben, dass beispielsweise Menschen, die in einer Großstadt leben, ein höheres Risiko haben, eine psychische Erkrankung wie eine Depression (um 39 % erhöhtes Risiko) oder Angststörung (um 21 % erhöhtes Risiko) zu entwickeln als Menschen, die auf dem Land wohnen. Ursachen dafür sieht Christina Behrendt in der permanenten Reizüberflutung infolge des intensiven Medienkonsums vieler Menschen, aber auch im höheren Lebenstempo und einer erhöhten Lärmbelastung, mit denen Großstädter fertig werden müssen.
Aber auch das Wahrnehmen vieler Menschen zur gleichen Zeit löst im Gehirn nachweislich eine erhöhte Stressreaktion aus, überfordert schlichtweg das zentrale Nervensystem. Somit sind bei Großstädtern die Hirnregionen, die für die Reizverarbeitung zuständig sind sehr häufig überaktiv, wodurch es – bei länger andauernder Überreizung – eher zu psychischen Erkrankungen kommen kann als bei Menschen vom Land oder in kleineren Städten.
Hoher Stress auf Arbeit führt immer häufiger zu Krankmeldungen durch psychische Leiden
Jeder zweite Mensch klagt inzwischen über eine starke Belastung im Job, über enormen Stress und hohen Leistungsdruck. Aufgrund dieser starken Überlastung kommt es immer häufiger zu Krankschreibungen. Innerhalb von 10 Jahren – von 2001 bis 2010 – hat sich die Zahl der auf psychische Erkrankungen zurückführbaren Krankschreibungen verdoppelt. Dabei sind die Krankschreibungen aufgrund psychosomatischer Leiden wie Kopfschmerzen, Schlafstörungen oder Verdauungsproblemen noch nicht mit inbegriffen.
Wie lässt sich Resilienz feststellen?
Fragebogen gibt Aufschluss über Resilienz beim Menschen
Experten können Resilienz beim Menschen feststellen, indem sie ihre Klienten einen Fragebogen mit speziellen Fragen zur Lebensgeschichte und zu Persönlichkeitsmerkmalen ausfüllen lassen. Bei der Auswertung können Psychologen bereits erkennen, ob die typischen Resilienzfaktoren vorliegen oder nicht.
Tests zur Resilienz im Internet können Tendenz anzeigen
Im Internet lassen sich diverse Tests zur Feststellung der eigenen Resilienz finden, etwa von der Psychotherapeutin Heike Born, unter https://www.palverlag.de/Belastbarkeits_Test.html oder von der Professorin und Resilienztrainerin Jutta Heller unter https://juttaheller.de/service/resilienztest/.
Ist Resilienz im Körper nachweisbar?
Die Stressforscherin und Psychologin Jana Strahler von der Universität Gießen forscht, wie Stress, Hormone und Körper zusammenhängen. Sie hat zum Beispiel nachweisen können, dass Resilienz beim Menschen auch in körperlichen Vorgängen sichtbar ist. So verfügen Menschen mit Resilienz über die Fähigkeit, bei einer stressigen Aufgabe wie dem Halten einer Rede, ihren Körper schneller wieder in den Normalzustand zurückzuversetzen als Menschen, die nicht resilient sind. Das lässt sich beispielsweise am Stresshormon Cortisol erkennen, das bei resilienten Menschen schneller abgebaut wird, wodurch sie sich nach Aufregungen schneller wieder beruhigen als Menschen mit geringer Resilienz.
Auch das Immunsystem reagiert bei Menschen mit geringer Resilienz nachweislich empfindlicher auf stressige Situationen als das von Menschen mit hoher Resilienz. Es schüttet bei weniger resilienten Menschen bestimmte Substanzen eher und auch verstärkt aus, wodurch sich laut Strahler bei ihnen auch die Anfälligkeit für chronisch-entzündliche Erkrankungen (wie Allergien oder Autoimmunerkrankungen) erhöht. Auch funktioniert bei Menschen mit hoher Resilienz die Bereitstellung des Glückshormons Serotonin offenbar besser und gleichzeitig auch der Abbau von Stresshormonen als bei weniger resilienten Menschen.
Resilienz lernen: So geht’s
Resilienz bei Kindern stärken
Die meisten Eltern wollen das Beste für ihre Kinder und wollen sie auch so fördern, dass sie sich zu selbstständigen und verantwortungsvollen Menschen entwickeln. Da wäre es gut zu wissen, was Eltern tun können, um die Resilienz ihrer Kinder zu stärken, indem sie beispielsweise auf bestimmte Dinge in der Erziehung oder im Lebensstil achten. Die Wahrscheinlichkeit, Resilienz im Kindesalter zu entwickeln, wird vor allem dann erhöht, wenn:
- ein Kind Respekt, Liebe, Akzeptanz und Wertschätzung durch mindestens eine verlässliche Bezugsperson erfährt
- ein Kind Probleme und Krisen selbst durchlebt und dadurch erfährt, dass es solche Probleme meistern kann (Eltern sollten nicht jedes Problem, jede Schwierigkeit für das Kind lösen, sollten es aber auch nicht mit größeren Problemen allein lassen)
- ein Kind lernt, sich in Auseinandersetzungen auch allein (ohne Hilfe der Eltern) zu behaupten und zur Wehr zu setzen, wodurch erst das Selbstbewusstsein erwächst, es aus eigener Kraft schaffen zu können
- ein Kind jemanden hat, an den es sich in schwierigen Zeiten wenden kann
- ein Kind lernt, Beziehungen aktiv zu gestalten und sich bei Bedarf Unterstützung zu holen
- ein Kind ein Werte- und Regelsystem erlernt, das ihm Orientierung in der Welt verschafft
- ein Kind frühzeitig in Entscheidungsprozesse eingebunden wird und dadurch die Erfahrung macht, dass es sein Leben selbst gestalten kann
- ein Kind schon frühzeitig Verantwortung übernimmt
- einem Kind vermittelt wird, die eigenen Bedürfnisse, Stärken und Schwächen zu erkennen und sein Leben dementsprechend auszurichten
- einem Kind vermittelt wird, einen bestimmten Sinn im Leben zu sehen
- einem Kind ein positives Selbstbild vermittelt wird (Stärken betonen, an Schwächen arbeiten)
- Eltern dem Kind einen gesunden Lebensstil mit guter Ernährung, aktiven Stressbewältigungsmaßnahmen und Sport vorleben (denn eine gute körperliche und psychische Verfassung erhöhen die Resilienz)
Wie können Erwachsene Resilienz lernen?
Auch Menschen, die von der Natur her eher weniger robust ausgestattet wurden, können im Erwachsenenalter lernen, Resilienz zu entwickeln und zu fördern. Das Thema Resilienz ist auch im modernen Arbeitsleben angekommen. Hier können Arbeitnehmer laut Christina Berndt ihre psychische Widerstandskraft stärken, indem sie einiges beachten.
Resilienz entwickeln: Feierabend zur Erholung statt zur Arbeit nutzen
So müssten sich Arbeitnehmer beispielsweise nicht zu völligen Opfern der digitalen Arbeitswelt machen, indem sie für sich selbst festlegen, dass nach Feierabend, an den Wochenenden oder im Urlaub keine Emails oder Telefonanrufe mehr beantwortet werden. In einer Studie fand man heraus, dass jene Arbeitnehmer am folgenden Tag produktiver arbeiten, die nicht noch am Abend etwas für die Arbeit erledigt hatten, sondern sich aktiv ausruhten und erholten. Denn: Schon die kleinste Tätigkeit für die Arbeit unterbricht die wertvolle und auch notwendige Ruhephase, die der Körper zur Regeneration braucht. Ohne ausreichende Ruhepausen wird der Mensch krank.
Resilienzschulungen in Unternehmen können Resilienz eines Menschen erhöhen
Viele Unternehmen bieten mittlerweile Resilienzschulungen für ihre Mitarbeitenden an, um sie widerstandsfähiger gegen die Folgen des hohen Leistungsdrucks im Berufsleben zu machen. Dies kann laut Stressforscherin Jana Strahler sinnvoll sein, um die Resilienz zu erhöhen, allerdings ermöglicht das den Arbeitgebern zugleich, das Arbeitspensum des einzelnen noch weiter zu erhöhen, wodurch das Resilienztraining seinen eigentlichen Sinn, den Menschen zu stärken, verfehlt.
Handy muss nicht dauernd gecheckt werden
Experten raten dazu, das Handy auf moderate Weise zu nutzen. Das Postfach muss nicht andauernd gecheckt werden, einige Male am Tag reichen aus. Ebenso darf das Handy auch mal auf leise gestellt werden, sodass man nicht permanent sofort verfügbar ist.
Resilienz stärken mit Achtsamkeitstraining
Alle Entspannungsverfahren, die den Stress abbauen helfen und der Ent-Spannung dienen, stärken die Resilienz. Denn: Meditation, Yoga, Tai Chi, autogenes Training, die Muskelentspannung nach Jacobson, MBSR oder andere Achtsamkeitsverfahren wirken beruhigend auf Körper und Psyche, wodurch Menschen bei regelmäßigem Praktizieren ihre Widerstandskraft steigern können. Denn mithilfe dieser Verfahren lassen sich nicht nur körperliche Prozesse wie die Atmung oder der Herzschlag normalisieren. Durch sie lernen Menschen zudem, auch in stressigen, spannungsreichen Zeiten gelassen zu bleiben.
Diese Methoden, die sich zum Teil schon über mehrere Jahrhunderte hinweg bewährt haben, sind eine ideale Quelle für all jene Menschen, die nach mehr Energie, Ausdauer und Kreativität – also nach Resilienz – streben. Zudem kann man durch sie lernen, sich selbst in seinen Bedürfnissen wieder besser wahrzunehmen, um Veränderungen im Leben anzustoßen, die zu mehr Zufriedenheit und einer besseren Lebensqualität führen können.
Ein weiterer positiver Effekt des Achtsamkeitstrainings ist, dass Menschen darin lernen, wieder im Moment, statt in der Vergangenheit oder der Zukunft zu leben und das Leben so zu nehmen, wie es kommt. Die positiven gesundheitlichen Effekte von Yoga, Meditation & Co. wurden bereits in mehreren Studien aus aller Welt nachgewiesen. Entspannungsverfahren schützen zum Beispiel vor den krankmachenden Folgen von chronischem Stress und tragen zur Steigerung der Widerstandskraft, also der Resilienz, beim Menschen bei.
Mit Sport und Bewegung die Resilienz steigern
Um mehr Resilienz zu entwickeln, ist es auch wichtig, sich ausreichend zu sportlich zu betätigen. Durch regelmäßiges Ausdauertraining und/oder Muskeltraining wird Stress nicht nur besser abgebaut, auch die Stimmung wird durch regelmäßige Bewegung nachweislich verbessert. Durch den Aufbau von Muskelmasse wird der Körper gestärkt, durch die Aktivierung des gesamten Stoffwechsels und das vermehrte Freisetzen von Glückshormonen wird aber auch die Psyche robuster und das Immunsystem widerstandsfähiger.
Konfliktfähigkeit schulen – für mehr Resilienz
Ein weiterer wichtiger Faktor für Resilienz ist laut Psychologen, dass die Paarbeziehung – sofern vorhanden – intakt und von guter Qualität ist. Das Paar sollte zu keinem Zeitpunkt aufhören, miteinander zu reden, sondern es sollte bestehende Probleme ansprechen und gemeinsam aktiv nach Lösungen suchen. Konflikte aushalten zu können und ihnen nicht aus dem Weg zu gehen, ist wichtig, um in der Beziehung Erfüllung zu finden. Eine belastende Paarbeziehung, in der alle Probleme unter den Teppich gekehrt werden, macht Psychotherapeuten zufolge auf Dauer krank.
Resilienz fördern mit einem gesunden Lebensstil
Eine gesunde Ernährung fördert die Resilienz
Neben ausreichend Sport und Bewegung trägt auch ein gesunder Lebensstil mit einer vollwertigen Ernährung – bestehend aus viel frischem Obst und Gemüse sowie Vollkornprodukten und möglichst wenigen Süßwaren und Fertiggerichten – zur Steigerung der Resilienz bei.
Ausreichender Schlaf fördert Resilienz
Dazu gehört auch, dass man ausreichend schläft. Denn im Schlaf finden lebenserhaltende Regenerationsprozesse wie Reparaturarbeiten an Zellen statt. Reicht der Schlaf nicht aus, kann der Körper wichtige Vorgänge nicht abschließen, wodurch es zu Erkrankungen kommen kann.
Schöne Freizeitaktivitäten fördert die Resilienz
Ebenso wichtig ist, dass man dafür sorgt, Dinge zu tun, die einem Freude bereiten und aus denen man neue Energie schöpfen kann, etwa einem Hobby nachzugehen oder etwas mit Freunden zu unternehmen. Das Problem unserer Gesellschaft ist laut Psychotherapeuten, dass viele Menschen nur noch „funktionieren“, statt zu leben. Leben müsse aber mehr sein als die tägliche Erfüllung von Pflichten.
Optimistische Lebenseinstellung fördert Resilienz
Auch eine positive Denk- und Sichtweise ist laut Experten ein Merkmal für Menschen mit einem hohen Maß an Resilienz. Denn: Wer fest daran glaubt, dass die Dinge gut laufen werden, „programmiert“ seinen Körper auf „positiv“ statt auf „negativ“, wodurch auf biochemischer Ebene andere, günstigere Prozesse ablaufen, die für ein besseres Wohlbefinden sorgen und die Anfälligkeit für Erkrankungen reduziert.
So hat man in Studien herausgefunden, dass Optimisten, die sich vorwiegend auf das Positive im Leben konzentrieren, nachweislich nicht nur länger leben, sondern auch gesünder sind als Menschen, die überwiegend negativ eingestellt sind. Pessimisten sind laut Studien wesentlich anfälliger für (chronische) Erkrankungen und gesundheitliche Beschwerden.
Resilienz ist oft da, wo Menschen sich als aktive Gestalter ihres Lebens sehen
Ein weiteres Merkmal von Menschen mit hoher Resilienz ist, dass sie wissen, dass ihre Entscheidungen und ihr Handeln mit darüber bestimmen, wie ihr Leben in der Gegenwart aussieht. Zwar lässt sich nicht alles beeinflussen, was einem Menschen zustößt, aber man kann steuern (lernen), wie man mit den Dingen umgeht, die einem widerfahren. Dazu gehört auch die Fähigkeit, ein Problem annehmen zu können, es zu akzeptieren und sich nicht andauernd dagegen zu sträuben.
Fokus auf Problemlösung fördert Resilienz
Vielmehr sollte man eine problematische Situation annehmen und aktiv danach zu suchen, wie diese verbessert oder bestmöglich mit ihr umgegangen werden kann. Menschen mit hoher Resilienz sehen sich laut Experten nicht als Opfer ihres Lebens, sondern als aktive Gestalter ihres Lebens und geben sich nach Krisen nicht allzu lange dem Trübsal hin, sondern schauen nach vorn und überlegen sich, wie sie wieder auf die Beine kommen können.
Gesundes Selbstbewusstsein fördert die Resilienz
Menschen, die ein positives Selbstbild haben, verfügen häufig auch über ein gesundes Selbstbewusstsein. Dies ist ein weiteres wesentliches Merkmal von Menschen mit hoher Resilienz. Sie wissen, wo ihre Stärken und Schwächen liegen und können sich daher gut selbst einschätzen. Um mehr Resilienz zu entwickeln, ist es hilfreich, sich auf die eigenen Stärken zu fokussieren und sich darum bemühen, dass sie in Alltag und Beruf auch eingebracht werden können.
Um das Selbstbewusstsein und die innere Kraft zu schulen, gibt es zahlreiche Möglichkeiten, beispielsweise ist Klettern eine Option zu lernen, wie man seine vermeintlichen persönlichen Grenzen überwinden und erweitern kann. Auch viele andere Sportarten – wie Yoga, Kung Fu oder Jogging – führen in der Regel dazu, die eigenen Potenziale optimal zu entfalten und so das Selbstbewusstsein zu stärken. Viele Sportarten bergen das Potenzial, um die eigene Ausdauer, Kraft sowie die mentale Stärke zu fördern und so Resilienz zu entwickeln.
Selbstwirksamkeitserfahrung fördert Resilienz
Oft sind es bestimmte angeborene Charaktereigenschaften, die darüber mit bestimmen, ob ein Mensch im Leben Resilienz entwickelt oder nicht. Dies sind etwa persönliche Merkmale wie Intelligenz, eine hohe Problemlöseorientierung, Ausdauer, Optimismus, der Glaube an sich selbst, ein großer Vorrat an Energie und Durchsetzungsvermögen.
Aber auch das psychologische Konzept der „Selbstwirksamkeitserwartung“ spielt bei der Entwicklung von Resilienz eine Rolle. Das zeigt etwa die hawaiianische Studie von Werner mit den Kindern aus armen Verhältnissen, die zum Teil Gewalt und Vernachlässigung durch die Eltern erfuhren. Etwa ein Drittel dieser Kinder schaffte es, die schwierige Kindheit ohne häusliche Unterstützung zu bewältigen.
Diese Kinder hatten offenbar – neben den erwähnten Charaktereigenschaften – auch eine hohe Selbstwirksamkeitserwartung. Sie haben früh gelernt – indem sie immer wieder Krisen in ihrem Leben durchstehen mussten und ihnen niemand bei deren Überwindung half – auf die eigene Stärke zu vertrauen. Sie haben früh gelernt, dass sie in der Lage sind, ein großes Problem aus eigener Stärke heraus zu bewältigen und zogen daraus den Schluss, dies auch in Zukunft schaffen zu können.
Eingebundensein in ein soziales Netz fördert Resilienz
Ein weiteres Merkmal, das wesentlich dazu beiträgt, Resilienz zu entwickeln, ist, die erworbene oder angeborene Fähigkeit zur aktiven Beziehungsgestaltung. Das bedeutet, dass man in der Lage ist, soziale Beziehungen einzugehen und sich in schwierigen Situationen Hilfe zu holen. Das Eingebundensein in eine soziale Gruppe oder die Möglichkeit, sich in Krisenzeiten an eine verlässliche Person wenden zu können, erhöht die Wahrscheinlichkeit dafür, Resilienz zu entwickeln. Denn, wer in schwierigen Lebenslagen nicht allein dasteht, wird bei der Lösung seiner Probleme unterstützt, wird also durch sein Umfeld aufgefangen, wodurch die belastende Situation leichter zu bewältigen ist.